Ein Grund zum Feiern und noch mehr Kunst

Nach 20 Jahren findet zum letzten mal die Ausstellung Vogelfrei – Kunstentdeckungen in Privatgärten, dieses mal unter dem Titel GARTEN Utopien - Vogelfrei 11, statt.

Dies ist die Gelegenheit auf den Geist von Vogelfrei zurück zu blicken.

Vogelfrei, die Kunstbiennale in Privatgärten, hat es seit 1995 geschafft, Kunst und Kultur aus den abgeschotteten Räumen der Museen und Ausstellungen zu befreien. Für die breite Gesellschaft zugänglich wurde die Kunst im halb öffentlichen Raum – den Gärten der Kunstpaten - implementiert und somit eine neue interaktive Schnittstelle zwischen Kunst und Mensch geschaffen. Die Kunstpaten öffnen ihre Privatsphäre für Interessierte und werden somit Teil der Ausstellung selbst. Damals ein einmaliger Vorgang.

Die Vogelfrei Reihe kann als Experiment bezeichnet werden. Die Ausstellungsprojekte stellen neben den Kunstwerken auch den Raum in dem sie sich befinden in den Mittelpunkt. Die Interaktion zwischen Kunst und Garten macht jede Ausstellung einzigartig und nicht reproduzierbar aber ebenfalls genau so wenig planbar. Interaktion steht im Mittelpunkt von Vogelfrei. Kunst, Natur und Mensch interagieren auf eine einmalige Weise und schaffen somit ein Gesamtwerk. Essenziell ist auch die Grenzüberschreitung, die bei jedem der Kunstprojekte durch den Wechsel vom Öffentlichen in das Privaten statt findet. Neben Natur und Kunst werden die Themen der Stadt, Klima und Wetter, Forschung und Wissenschaft, Transformation der Künste sowie die Theorie Bestandteil der Ausstellungen zu denen auch regelmäßig Vortragssymposien stattfanden.

Mit Statt Paradies - Vogelfrei 6 entwickelte sich Vogelfrei weiter. Neben dem halb öffentlichen Raum der Privatgärten wurde der öffentliche Raum der Stadt ein Bestandteil der Ausstellungen. Mit der Schlossbastion (2005), dem Jagdschloß Kranichstein (2009) und dem Dach des darmstadtiums (2011) gab es eine Hinwendung der Vogelfrei - Kunstprojekte in den öffentlichen Raum, welcher seitdem das Grundkonzept kontrastiert.

Die Kernelemente von Vogelfrei sind schon immer Installationen, Performances und gelegentlich auch Film gewesen, wobei die Installationen als künstlerische Erscheinungsform überwiegen. Es werden selten fertige Kunstwerke, sondern ortsspezifische Arbeiten aufgebaut. Die Installationen sind vielseitig an Material, Erscheinungsform, durch die Internationalität reflektieren sie durch kulturelle Unterschiede und richten sich thematisch nach den wechselnden Schwerpunkten. Sie beziehen meistens den Ort als Bestandteil der Arbeit ein und widersetzen sich in der Regel traditionellen Kunstformen wie Malerei oder Skulptur.

Performances sind fester Bestandteil des Vogelfrei-Programmes geworden und schaffen eine Verbindung von Künstlerin/Künstler, Ort und Publikum. Performance bringt die Erfahrung der Kunstschaffenden in eine Aktionsform. Sie soll den Zuschauer bewegen, über sich und sein Leben zu reflektieren.

Das Zentrum für Kunst und Natur e.V. hat seit 1995 als Veranstalterin von Vogelfrei zwölf Ausstellungen durchgeführt Vogelfrei 1 - 11 und Vogelfrei extra im Komponistenviertel, auf der Mathildenhöhe und dem Steinbergviertel. Mit der gesonderten Performance Serie KunstTREFFpunkt wurden seit 2002 schon zehn Mal internationale Künstler zu einer einmaligen Aktion meist im Darmstädter Stadtzentrum eingeladen. Die Serie der ARTtafeln begann 1999 bei Vogelfrei 3 und wurde ebenfalls Bestandteil der künstlerischen Feldforschung im Rahmen von Vogelfrei.

Über 300 Künstler aus mehr als 30 Ländern haben weit mehr als 400 Kunstwerke geschaffen, dazu kamen noch ca. 40 Vortragende aus Wissenschaft und Kunst. Eine Fülle an Ideen konnte verwirklicht werden und durch die kontinuierliche Arbeit an Vogelfrei weiterentwickelt werden.

Unsere Themen für die Reflektion über 20 Jahre Vogelfrei umfassen den Bereich des Transit zwischen Öffentlichem und Privaten, das bürgerschaftliche Engagements und soziale Handelns in diesem Umfeld, die Bespielbarkeit der Gärten, Kunst und Natur/Garten und Kunst, die Interaktion zwischen Mensch und Kunst, die internationalen Vernetzungen und die Außenwirkung von Vogelfrei an anderen Orten und für andere Kunstprojekte. Wir konnten eine Vielzahl Autoren für den umfangreichen Dokumentationskatalog gewinnen, der zur Eröffnung erscheinen wird. Autoren sind u.a. Gernot Böhme, Horst Bürkle, John Grande, Paul Herrmann Gruner, Petia Knebel/Rainer Wenrich, Annette Krämer-Alig, Peter Noller, Ute Ritschel, Torsten Schäfer.

In diesem Jahr veranstalten wir nach 20 Jahren zum letzten mal die Ausstellung Vogelfrei - Kunstentdeckungen in Privatgärten. Das mehrteilige Projekt GARTEN Utopien – Vogelfrei 11 findet im Zeitraum von Ende Juni bis September sowohl im Komponistenviertel - mit einer GARTEN Utopien Dokumentation auf dem Borngässerplatz (Sa. 10.07.2015), mit einer GARTEN Utopien Konferenz im darmstadtium (So. 11.07.2015) und einer GARTEN Utopien Ausstellung im Internationalen Waldkunst Zentrum (IWZ) mit ca. 24 Kunstwerken statt. Der GARTEN Utopien Parcour zeigt Kunstwerke an Orten, die Vogelfrei schon bespielt hat. Ein Dokumentationskatalog über 20 Jahre Vogelfrei mit Beiträgen und den neuen Kunstwerken von diesem Jahr wird am 10.7.2015 der Öffentlichkeit vorgestellt.

Das Zentrum für Kunst und Natur e.V. wird auch weiterhin Kunstprojekte durchführen. Wir bedanken uns bei unserem Kooperationspartner dem Verein für Internationale Waldkunst e.V. und allen Sponsoren, Förderern und Unterstützern der letzten 20 Jahre.

Mit freundlichen Grüßen

Ute Ritschel, Kuratorin

Horst Bürkle, Co-Kurator